Fastrada’s Ring - Die Geschichte von Fastradas Ring
Ihr habt ja alle schon gehört vom „Ring der Nibelungen“ und habt auch Kenntnis von „Herr der Ringe“. Dann wisst ihr auch um die geheimnisvollen Kräfte all jener Ringe, die schon so vielen zum Verhängnis wurden.
Selbst dem großen Kaiser Karl wurde eines Tages ein solch magischer Ring beinahe zum tödlichen Geschenk an eine Geliebte, wenn da nicht ...
Aber fangen wir mit dem Bericht von vorne an und begeben wir uns dazu in das Jahr 783 nach Christi Geburt.
Karls gute Mutter Bertrada und seine liebe Frau Hildegard verstarben in jenem Jahr auf geheimnisvolle Weise. Karl bereiste in der Folge sein großes Reich, das sich von der Nordsee bis nach Mittelitalien und von den Pyrenäen bis ins heutige Ungarn erstreckte, einerseits um sich abzulenken, aber sicher auch um seine herrscherlichen Aufgaben verantwortungsvoll wahrzunehmen.
So weilte er auch eines Tages in der Gegend um Würzburg, da begegnete ihm eine geheimnisvolle Frau mit Namen Fastrada. Sie war von betörender Schönheit und schon von großer Raffinesse, von der Karl auf den ersten Blick im höchsten Grade gefesselt war und die er reich beschenkte. Sie nahm das bis dahin großmütige Herz des Kaisers gefangen, und ihre Wünsche waren ihm fortan Befehl. Der sonst so ernste und fromme Kaiser verehrte sie fast wie ein überirdisches Wesen. Er ahnte ja nicht, wie grausam der Bann auf ihn wirkte, dem er verfallen war. Zwar verstarb sie bereits im 11. Jahr ihrer Ehe; doch ihre Macht über den Kaiser sollte noch lange währen.
So wuchs der Schmerz des Kaisers um den Verlust ins Unerträgliche, und Karl gab sich diesem Schmerze in dem Maße hin, dass man in Sorge geriet, er würde auch den Verstand verlieren. Er wollte nach ihrem Tod auch nicht von ihrer Leiche weichen, bemühte sich sogar die Tote zu wecken. „Sie ist nicht tot, sie schläft ja nur“, rief er mit lauter Stimme.
Tag und Nacht kniete er neben ihrem Bett und wollte weder Speis noch Trank zu sich nehmen. Selbst der fromme Erzbischof Turpin aus Reims, der Vertrauteste im Umfeld des Kaisers, der sonst sehr viel bei ihm erreichte, wendete vergeblich alle Mittel an, um Karl vom Tode der Fastrada zu überzeugen und seine Einwilligung zu erlangen, die Leiche zu beerdigen.
Die Sorge um des Kaisers Gesundheit und Leben wurde nun bei allen immer größer, nur der Himmel konnte Rettung senden; daher flehte Turpin mit inbrünstigen Gebeten zu Gott, auf den er sich auch diesmal wieder verlassen konnte.
So hatte Turpin eines Nachts einen Traum, der ihn den Zauber erkennen ließ, der Karls Geist und Gemüt fesselte: Er sah nämlich einen Ring, der in den Haarflechten der Kaiserin sorgsam versteckt war.
Der Bischof vermutete, dass dieser Ring es sei, dem der Zauber innewohne, und der den geliebten Herrn an die geliebte Verstorbene noch gekettet hielt.
Und am Morgen trat Turpin dann zur Leiche und fand den Ring, so wie er ihn im Traum gesehen hatte, und nahm ihn an sich.
Sobald der Ring im Besitze des Bischofs war, erwachte Karl wie aus einem schweren Traum, er erkannte mit Schauder die Wirklichkeit, die ihn umgab, und er verstand, dass er die schöne Fastrada verloren hatte.
Schon bald ging der Kaiser auch wieder auf Reisen, wie früher meist zu Pferde, durch sein ganzes Reich, wo ihn überall lauter Jubel empfing.
Begleitet wurde er dabei auch stets vom treuen Turpin, ohne den er ab jetzt nicht mehr sein, noch leben konnte. Zwar hatte der immer schon beim Kaiser in hohem Ansehen und großer Achtung gestanden; seitdem der jedoch im Besitze des Zauberringes war, wurde die Zuneigung Karls zu Turpin mit jedem Tag stärker und mächtiger.
Diese außergewöhnliche Anhänglichkeit des Kaisers benutzte der Erzbischof in sehr (Räusper! Räusper!) „uneigennütziger“ Weise selbstverständlich zum Wohle der Kirche und des Staates.
Doch allmählich fing die Abhängigkeit an, ihm unangenehm, drückend und lästig zu werden; denn er wusste ja, dass nur ein böser Zauber der Grund dafür war. Turpin beschloss daher, sich dieses Talismans auf irgendeine Weise zu entledigen.
Als er daher mit dem Kaiser wieder eine längere Zeit in Aachen weilte und er eines Tages an dem stillen See stand, welcher damals das Jagdschloss, die heutige Burg Frankenberg, umgab, brachte er den längst gefassten Entschluss zur Ausführung und versenkte den Zauberring im See.
Bis dahin hatte sich der Kaiser zwar schon gerne in Aachen aufgehalten, von jenem Tage an aber wurde diese Stadt sein absoluter Lieblingssitz, wovon er sich nur trennte, wenn unaufschiebbare Reichsangelegenheiten ihn in andere Gegenden riefen.
Mit besonderer Lust und Wonne verweilte er aber auf der Burg Frankenberg, dessen glatter See das geheimnisvolle Kleinod barg. Hier saß er oft Stunden lang am Ufer des Sees mit einem Fläschchen Bakauv-Bräu und überdachte damit sein sturmbewegtes und tatenreiches Leben.
Und mein Opa wusste noch zu berichten, dass es Karl selber war, der Fastrada diesen Ring geschenkt und ins Haar geflochten hatte. Er hatte dereinst den Edelstein, welcher später den Ring zierte, von einer Schlange erhalten, der er zuvor geholfen hatte und welche sich mit jenem verzauberten Edelstein bei ihm bedanken wollte